Diesen Montag war es dann so weit, die Kinder hatten ihren ersten Schultag. Einerseits habe ich mich sehr darauf gefreut, weil ich super gespannt war, wie sie sind und weil meine Arbeit nun endlich spannend werden wird. Andererseits hatte ich auch etwas Angst davor, weil ich noch nie mit behinderten Kindern gearbeitet habe und nicht wirklich darauf vorbereitet bin, was mich erwartet.
Immerhin wusste ich, dass am ersten Schultag für die Lehrer der Dresscode eine blaue Hose/ein blauer Rock mit weißer Bluse ist. Glücklicherweise habe ich das sogar dabei. Ansonsten darf ich anziehen was ich möchte, außer bei Ausflügen und besonderen Tagen müssen die Lehrer das gelbe Hemd der Schuluniform tragen, das auch die Schüler meistens anhaben.
Zunächst gab es eine Willkommenszeremonie mit allen Lehrern und Schülern von CAM 9 (in dem ich arbeite) und CAM 10 (in dem Katja arbeitet). Beide Zentren sind auf einem Gelände, das früher ein Stadtpark war, der aber zu Schulen umstrukturiert wurde. Es sind zwei unabhängige Schule, im CAM 9 sind alle Kinder und Jugendliche bis 15 und im CAM 10 alle Jugendlichen und junge Erwachsene bis 25. Da wir aber zu den gleichen Zeiten Pause haben, sehen Katja und ich uns öfters und können plaudern. Es wurden Lehrer, Schüler und Eltern begrüßt und Katja und ich von der Direktorin vorgestellt. Darauf folgte ein Salut auf die Flagge (leider hatten die Schülern die Flagge erstmal vergessen, als sie durch den Hof marschiert sind) und es wurden die Hymne von Mexiko und unserem Bundesstaat abgespielt und mitgesprochen.
Da ich nicht genau wusste, bei welcher Lehrerin ich die ersten Tage bin, habe ich mich erstmal an Erika gewendet und es wurde entschieden, dass ich erst ein paar Tage bei ihr bleibe und dann bei allen anderen Lehrern reinschnupper. Erika ist momentan die Lehrerin der 4. Klasse und ihre Schüler sind 10-11, kommen mir alle aber viel jünger vom Aussehen her vor. Insgesamt sind in ihrer Klasse 12 Schüler, bisher waren nie alle vollständig da, sondern meistens weniger als acht Schüler. Trotzdem ist es auch bei so wenigen Schülern sehr schwierig auf alle einzugehen, weil sie sehr unterschiedliche Niveaus in ihrer geistigen Entwicklung haben. Man muss die Kinder wahrscheinlich sehr gut kennenlernen um zu wissen, welche Übungen ihnen weiterhelfen. Einige der Schüler können nicht sprechen, einige waren anfangs zu schüchtern um etwas zu sagen und ein paar sind auch schwerhörig oder sogar taub. Isela, die Kollegin, die auch Katja‘s Gastmutter ist, bei der ich heute war, kann Gebärdensprache und versucht es damit, aber auch das können die tauben Schüler nicht unbedingt, weil sie es nicht von klein auf gelernt haben. Vielleicht kann in meiner Zeit hier ja ein bisschen Gebärdensprache lernen. Ich weiß immerhin schon was Mittwoch heißt. ;)
Die Kinder sind echt richtig goldig und nehmen auch oft meine Hand oder umarmen mich. Aber sie haben momentan noch nicht so viel Respekt vor mir wie vor den anderen Lehrern. Das ist mir heute sehr stark aufgefallen, als ich alleine mit ihnen im Raum war, weil Isela ins Sekretariat musste. Ich hoffe sehr, dass sich das noch bessert oder ich irgendwie einen Weg finde mich besser durchzusetzen. Es ist auf die Dauer nämlich echt anstrengend, wenn zwei Kinder auf dem Tisch rumhauen und dabei schreien, ein anderes Mädchen sich dazu entschließt mal kurz mit ihren Malsachen an den Lehrertisch umzuziehen, ein Junge mir die ganze Zeit zeigen will, wie schön er gezeichnet hat und der Rest entweder macht was er soll (beispielsweise den großen Fisch auf dem Bild anmalen) oder halt nicht (der kleine Fisch ist angemalt doch viiiiiiel schöner als weiß?!). Gestern hatte ich damit zu kämpfen, dass sich eine Schülerin immer unter dem Tisch verstecken wollte, wenn ich alleine mit den Kindern im Raum war und ein anderer hat echt viel Spaß daran jegliche Kleidungsstücke auszuziehen oder an Haaren zu ziehen (das macht aber bei allen Lehrkräften). Ich weiß nicht genau, welche Behinderungen die Kinder haben, aber einige haben Down-Syndrom oder sind Autisten. Ich profitiere aber davon, dass es kleine Kinder sind, weil die Lehrer daher sehr klar, deutlich und langsam reden und ich so alles verstehe und auch einige neue Vokabeln lerne. Leider ist es sehr, sehr schwer die Kinder zu verstehen, da sie teilweise sehr undeutlich reden. Auch hier hoffe ich, dass sich das mit der Zeit bessert. Ich fühle mich wohl in der Schule und es macht auch Spaß, aber es ist auch anstrengend und ich glaube das wird nächste Woche noch anstrengender, wenn die Kinder täglich acht und nicht vier Stunden in der Schule sind.
Ich hoffe euch geht es momentan auch gut und sende euch ganz viele liebe Grüße! <3